// TCAS //

Noch bis vor über 5 Jahren konnte kaum einer
etwas mit dem Begriff "TCAS" anfangen, sondern fragte nur: "´Tikäss` was?" Nur
die Leute, die beruflich mit der Luftfahrt zu tun hatten wussten, was diese vier
Buchstaben bedeuten und für was das System da ist. Doch seit dem Absturz der
Tupolew TU-154 und der Boeing 757  über dem Bodensee hat
fast jeder schon einmal davon gehört. Doch was ist nun dieses "Traffic Alert and
Collision Avoidance System" eigentlich und was kann es? Der Name verrät es
schon: TCAS liefert Informationen über den Luftverkehr in der Umgebung eines
Flugzeugs und hilft so, Zusammenstöße oder gefährliche Annäherungen zu
vermeiden.

 

Jedes Flugzeug, das sich im kontrollierten
Luftraum bewegt, muss normalerweise über einen so genannten Transponder
verfügen, der Informationen über die Flugnummer und - bei Mode-C-Transpondern -
auch über die Flughöhe übermittelt.


TCAS - in Europa ist auch die Bezeichnung
ACAS (Airborne Collision Avoidance System) geläufig - sendet in regelmäßigen
Abständen Funksignale (Interrogations", also "Abfragen") aus, ähnlich wie die
Radaranlagen der Flugsicherung am Boden. Empfängt der Transponder an Bord eines
anderen Flugzeugs ein solches Signal, übermittelt er eine Antwort. Aus der
Laufzeit und der Richtung des Signals sowie der übertragenen Flughöhe ermittelt
der TCAS-Computer die Position es anderen Flugzeugs relativ zum eigenen
Standort.

Diese Informationen werden dann dazu genutzt,
alle Luftfahrzeuge, die sich in einem bestimmten Abstand - horizontal oder
vertikal - vom eigenen Flugzeug aufhalten, auf einem Bildschirm im Cockpit
darzustellen. Und zwar als offene weiße Raute, wenn sie keine Gefahr für die
eigene Maschine darstellen. Liefert der Transponder eines Flugzeugs auch
Höhenangaben, verraten eine Zahl mit einem Vorzeichen und gegebenenfalls ein
Pfeil neben dem Symbol der Besatzung, wie viel höher beziehungsweise niedriger
die andere Maschine fliegt. Der Hinweis "+10" mit einem nach unten gerichteten
Pfeil bedeutet zum Beispiel, dass sich das andere Flugzeug im Augenblick 1000
Fuß (ca. 330 Meter) oberhalb der eigenen Maschine und im Sinken befindet.

Kommen sich die Flugzeuge näher, ändert sich
die Anzeige. Aus der offenen Raute wird eine ausgefüllte, ebenfalls noch in
Weiß. Auch dieses Zeichen bedeutet noch keine aktuelle Kollisionsgefahr und
erfordert daher kein Eingreifen der Besatzung. Es zeigt ihnen aber ein Objekt,
das möglicherweise mal zu einer Gefahr werden könnte, wenn beide Maschinen die
augenblickliche Flugbahn beibehalten.

Bei einer weiteren Annäherung wird - etwa 48
Sekunden vor einer möglichen Kollision - aus der weißen Raute ein gelber Kreis,
und die Besatzung erhält die akustische Warnung "Traffic, Traffic".

 

Eine solche Warnung bezeichnet man als "Traffic
Advisory", kurz TA. Die Darstellung des umgebenden Luftverkehrs und das


Aussprechen einer TA gehören zum Standard aller heute erhältlichen
Kollisionswarngeräte. Systeme, die sich darauf beschränken, werden als TCAS I
oder ACAS I bezeichnet. Das in den USA seit 31. Dezember 1993 für alle
Passagierflugzeuge mit mehr als 30 Sitzen vorgeschriebene TCAS II (für Flugzeuge
mit zehn bis 30 Sitzen reicht TCAS I) spricht etwa 35 Sekunden vor einer
drohenden Kollision darüber hinaus noch Ausweichempfehlungen ("Resolution
Advisory", RA) an die beteiligten Maschinen aus. Sind beide Flugzeuge mit einem
TCAS ausgerüstet, so sind diese Ausweichempfehlungen aufeinander abgestimmt. Das
sich nähernde Flugzeug (in der TCAS-Terminologie als "Intruder", also
"Eindringling" bezeichnet) wird auf dem Bildschirm nicht mehr durch einen gelben
Kreis, sondern durch ein rotes Quadrat symbolisiert, und die Piloten werden von
einer künstlichen Stimme aufgefordert, entweder die derzeitige fluglage
beizubehalten beziehungsweise in den Steig- oder Sinkflug überzugehen.
Zusätzlich wird im Variometer oder im künstlichen Horizont die erforderliche
Steig- beziehungsweise Sinkrate verdeutlicht.

 

Die Entwicklung von TCAS reicht zurück bis in
die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts, als Forscher bei Bendix Avionics
(heute Teil von Honeywell, dem nach wie vor wichtigsten Hersteller dieser
Geräte) die Computeralgorithmen entwickelten, mit denen sich die


Annäherung
zweier Flugzeuge beschreiben ließ. Dennoch sollte es bis zum Ende der achtziger
Jahre dauern, ehe TCAS, dem man den Vorzug vor einem bodengestützten
Kollisionswarnsystem gegeben hatte, durch die US-Luftfahrtbehörde FAA zugelassen
wurde. Wie bereits erwähnt, ist TCAS II seit Ende 1993 Pflicht für alle
Flugzeuge im Luftraum der USA; in Europa ist die Verwendung in düsengetriebenen
Flugzeugen mit mehr als 30 Passagiersitzen oder einem Abfluggewicht von über 15
Tonnen seit dem 31. März 2001 verbindlich vorgeschrieben. Anders als in den
Vereinigten Staaten sind hier also auch Frachtflugzeuge betroffen.

Obwohl heutige TCAS-Geräte erheblich
zuverlässiger sind als ihre Vorgänger und deutlich weniger Fehlalarme
produzieren, gibt es nach wie vor ein paar Dinge, die auch diese modernsten
Kollisionswarnsysteme nicht können: Beispielsweise gibt TCAS II
Ausweichempfehlungen nur nach oben oder unten. Das Feststellen der exakten
horizontalen Position des Intruders ist zurzeit noch mit zu vielen
Ungenauigkeiten behaftet, als dass sichere seitliche Ausweichmanöver vorgegeben
werden könnten. Ein TCAS III, das zusätzlich


horizontale Ausweichempfehlungen
geben kann, befindet sich noch in der Entwicklung, ohne dass der Zeitpunkt der
Einführung derzeit absehbar ist. TCAS ist kein Radar, es kann folglich Flugzeuge
ohne geeignete Transponder nicht erkennen. Weil aus der Transponderantwort
wiederum nur Informationen über Position, Höhe und aktuelle Flugrichtung eines
anderen Flugzeugs gewonnen werden, nicht aber über dessen geplante Flugroute,
wird das Kollisionswarnsystem unter Umständen ein sich auf gleicher Höhe
näherndes Flugzeug als Bedrohung darstellen, obwohl dessen Besatzung wenige
Sekunden später planmäßig den Steig- oder Sinkflug einleiten wird und die Gefahr
damit gar keine ist.

Trotz seiner unbestreitbaren Vorteile ist
TCAS daher kein Allheilmittel, um gefährliche Begegnungen in der Luft oder sogar
Kollisionen zu verhindern. Zu dieser Erkenntnis bedurfte es nicht erst des
Zusammenstoßes der Tupolew TU-154 und der Boeing 757 über dem
Bodensee. Bei der Diskussion über dieses Unglück ist zudem ein Punkt meistens
gar nicht ausreichend gewürdigt worden: TCAS ist eigentlich nur das letzte
Mittel zur Vermeidung eines Zusammenstoßes, eine Art "Reservefallschirm" für
unvorhergesehene Notfälle. Eine "Resolution Advisory" dagegen ist der sichere
Beweis dafür, dass zuvor irgendwo im System der Flugsicherung etwas nicht
funktioniert hat. Denn auch in Zeiten von TCAS ist es nach wie vor die Aufgabe
der Fluglotsen, dafür Sorge zu tragen, dass sich Flugzeuge in der Luft nicht zu
nahe kommen.

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